Aktuell


Holzindustriefachmann/-frau: Ein Beruf mit Zukunft


Yvonne Kappeler ist Ausbildungsverantwortliche und Teamleiterin Weiterverarbeitung der Brühwiler Sägewerk AG. Die 21-Jährige spricht im Interview von ihrem Einstieg in die männerdominierte Holzbranche und vom neu eingeführten Berufsbild «Holzindustriefachmann/-frau EFZ».

Yvonne Kappeler, wie sind Sie zum Beruf Sägerin gekommen?
Lange hatte ich davon geträumt, Coiffeuse zu werden. Doch über Umwege begann ich ein Zwischenjahr in der Weiterverarbeitung der Brühwiler Sägewerk AG. Dabei habe ich rasch gemerkt, dass ich gerne anpacke und ein Flair für Technik habe. Im Team fühlte ich mich wohl und konnte mir eine Berufslehre in der Holzbranche plötzlich vorstellen. Nach einer spontan arrangierten Schnupperlehre als «Sägerin Holzindustrie EFZ» durfte ich noch im gleichen Jahr mit der Ausbildung in Wiezikon beginnen. Ein Glücksfall.

Im Jahr 2019 haben Sie die Lehre erfolgreich abgeschlossen. War die Lehrzeit für Sie als Frau eine besondere Herausforderung?
Das erste halbe Jahr war sehr streng, ich musste mich erst ans Heben von Klotzbrettern gewöhnen. Doch das hilfsbereite Team und der modern ausgerüstete Betrieb haben mir den Einstieg ins Berufsleben erleichtert. Ich war die erste Frau im Unternehmen, welche die Ausbildung zur Sägerin absolviert hat. Klar war jedoch, dass ich nicht speziell geschont werden würde. Schön ist, dass mittlerweile schon eine zweite Frau ihre Ausbildung zur Holzindustriefachfrau EFZ erfolgreich abgeschlossen hat.

Wie ist es für Sie nach erfolgreichem Abschluss weitergegangen?
Nach der Lehre wurde mir die Chance geboten, mich innerhalb des Betriebs weiterzuentwickeln. Ich durfte die Funktion der Teamleiterin Weiterverarbeitung und die Ausbildung der Lernenden «Holzbearbeiter EBA» übernehmen, dazu kamen später auch die Lernenden «Säger Holzindustrie EFZ». Berufsbegleitend besuchte ich ausserdem die Handelsschule und durfte im Verkauf Innendienst Fuss fassen.

Was sind konkret Ihre Aufgaben in Bezug auf die Lernenden?
Ich betreue aktuell vier EFZ- und zwei EBA-Lernende – vom Lehrbeginn bis zum Lehrabschluss. Für alle Fragen des Berufsnachwuchses – seien es schulische, praktische oder auch mal private – bin ich die zentrale Ansprechperson. Ich erarbeite Zeitpläne, wann welcher Lernende welche Maschine lernt. Jede Woche führe ich mit jedem Auszubildenden eine Schulbesprechung durch. Allfällige Fragen oder Unklarheiten vor Prüfungen werden in diesem Rahmen erörtert. Ausserdem veranstalten wir mehrmals im Jahr Ausbildungsblöcke für die Lernenden, wobei wir Themen vertiefen, für die im Arbeitsalltag zu wenig Platz ist. Es ist klar: Wir nehmen uns Zeit für die Lernenden und fördern und unterstützen sie individuell.

Der Beruf Säger wurde überarbeitet und heisst seit diesem Sommer «Holzindustriefachmann/frau EFZ». Was hat sich verändert?
Neu ist, dass Elemente der Weiterverarbeitung stärker in die Ausbildung einfliessen. Während bisher vor allem die Bedienung und Wartung von Säge- und Rundholzbearbeitungsmaschinen, die Qualitätssortierung, das Paketieren, die technische Holztrocknung und logistische Arbeiten mit dem Seitenstapler im Vordergrund standen, kommen jetzt Fertigkeiten in den Bereichen Hobeln, Keilzinken und Beschichten hinzu. Oder anders formuliert: der Werkzeugkasten der Lernenden wird reicher bestückt – so, dass neu auch Hobel-, Leim oder Keilzinkwerke diesen Beruf ausbilden können. Ein Grund dafür ist, dass die Weiterverarbeitung des Holzes eine immer bedeutendere Rolle spielt. Mit dem neuen Berufsbild hat sich nicht nur das Spektrum der Lehrbetriebe erweitert, sondern auch die bereits guten Karrierechancen der Lehrabgängerinnen und Lehrabgänger haben sich weiter verbessert. Erwähnenswert finde ich, dass die überbetrieblichen Kurse in verschiedenen Praxisbetrieben stattfinden und nicht mehr an der Holzfachschule in Biel.

Hat die Branche den Beruf damit fit für die Zukunft gemacht?
Ja. Grundsätzlich ist es leider so, dass die Branche ein Nachwuchsproblem hat. Ein Beispiel dafür: Pro Jahr beginnen lediglich neun bis dreizehn Lernende die Lehre – in der gesamten Deutschschweiz! Doch Holz und die Holzbrache sind zukunftsträchtig. Holz boomt, die Nachfrage ist riesig. Es handelt sich um einen CO₂-neutralen Rohstoff, der direkt vor unserer Haustür nachwächst. Deshalb benötigt die Branche gut ausgebildete Fachkräfte. Mit dem überarbeiteten Berufsbild sind aktuelle und künftige Anforderungen berücksichtigt. Die Branche will mehr Lernende ansprechen, die sich später auch für eine Weiterbildung begeistern können.

In diesem Jahr hat bei Ihnen der erste Lernende Holzindustriefachmann begonnen. Wie ist der Start verlaufen?
Es ist eine Herausforderung, da alles neu ist, aber dadurch auch sehr spannend. Die ersten zwei Monate stimmen mich positiv. Für Sommer 2023 bieten wir wieder Lehrstellen in den Berufen «Holzindustriefachmann/-frau EFZ» und «Holzbearbeiter/in EBA, Schwerpunkt Industrie» an. Bei der zweijährigen Holzbearbeiter-Ausbildung steht das Praktische im Vordergrund.

Für wen bietet sich eine Lehre in der Holzbranche an?
Für junge Frauen und Männer, die gerne anpacken. Die gerne auch mal draussen sind und Freude an Menschen, Maschinen und Motoren haben. Auch Holz sollte man mögen, wobei die Liebe zu diesem Rohstoff bei jedem noch wachsen kann.


Zur Übersicht Aktuell
Partnerseiten der Wald- und HolzkettePartner
198#0#47#0#0